Zwangsversteigerungen von Immobilien: Tipps und Infos

Schnäppchen oder Schuldenfalle? Zwangsversteigerung von Immobilien im Check

Zwangsversteigerungen Immobilien

Ein Immobilienbesitzer gerät in finanzielle Nöte und ein Gläubiger fällt die Entscheidung, die Außenstände geltend zu machen. Dann kommt es zu einer Zwangsversteigerung. Viele sehen darin eine Möglichkeit, eine Immobilie zum Schnäppchenpreis zu erwerben – doch wo sich Chancen bieten, lauern auch Risiken. Zu einer Zwangsversteigerung kommt es, wenn der Eigentümer einer Immobilie seine Verbindlichkeiten nicht mehr zahlen kann. Für den Gläubiger – zumeist die Bank – besteht dann die Möglichkeit, sich ans Amtsgericht zu wenden und ein Zwangsversteigerungs-Verfahren in die Wege zu leiten.

Der Verkehrswert bestimmt den Preis

Stimmt das Gericht einer Zwangsversteigerung zu, wird anschließend der Verkehrswert der Immobilie bestimmt. Ermittelt wird dieser durch ein Gutachten im Rahmen einer Immobilienbewertung, die ein durch das Gericht vereidigter Immobiliensachverständiger erstellt. Der Verkehrswert besagt, welcher Preis sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt durch einen freien Verkauf der Immobilie erzielen ließe. In der Folge wird die Zwangsversteigerung – welche mindestens 30 Minuten betragen muss – spätestens sechs Wochen zuvor in den amtlichen Bekanntmachungen des Gerichts, zumeist auch in Zeitungen und auf Internet-Versteigerungsportalen veröffentlicht.

Die Vorbereitung: Finanzierung und Bieterstrategie

Zwangsversteigerung Bietstrategie

Wer Interesse hat per Zwangsversteigerung eine Immobilie zu kaufen, sollte im Vorfeld etwas Vorbereitungsarbeit leisten. Um mitbieten zu können, bedarf es eines soliden Finanzierungskonzeptes. Deswegen gilt es, bereits vor dem Termin die Gesamtfinanzierung der Immobilie genau abzuklären. Auch eine geeignete Bieterstrategie ist wichtig. Käufer sollten sich klare Grenzen für das Angebot setzen und das Budget optimal während der Versteigerung als Gebote platzieren.

Die Sicherheitsleistung: Bieter zahlt 10% vom Kaufpreis an

Nach dem ersten abgegebenen Gebot kann vom Käufer eine Sicherheitsleistung in Höhe von zehn Prozent des Kaufpreises vom Eigentümer oder Gläubiger verlangt werden. Barzahlungen sind dabei ausgeschlossen. Dagegen kann die Sicherheitsleistung per vorheriger Überweisung an die Gerichtskasse, mittels eines von der eigenen Bank ausgestellten Verrechnungsschecks oder über eine selbstschuldnerischen Bankbürgschaft geleistet werden. Der restliche Betrag wird vier bis sechs Wochen im Anschluss fällig.

Das Grundbuch: Wichtige Angaben zur Immobilie in Erfahrung bringen

Außerdem ist ein Blick in den Grundbuchauszug ratsam. Dieser ist im Vorfeld beim Gericht einsehbar und steht auch während des Termins zur Einsicht zur Verfügung. Dadurch lassen sich Fragen klären, ob etwa ein Wegerecht für weitere Personen bestehen, die Immobilie uneingeschränkt genutzt werden kann oder ob eventuell ein lebenslanges Wohnrecht für Dritte besteht.

Die Kosten: Gebühren und Steuern bei der Zwangsversteigerung

Ein Argument für einen Wohnungs- oder Hauskauf per Zwangsversteigerung ist, dass keine Makler- und Notarkosten anfallen. Dafür fällt jedoch eine Gebühr für den Zuschlag an. Diese zeigt sich in der Regel jedoch niedriger als die Notargebühr. Eine Gebühr für den Grundbucheintrag sowie die Grunderwerbssteuer fallen wie bei jedem anderen Immobilienkauf aber ebenso an.

Die Risiken: Zwangsversteigerung von Immobilien ein Glücksspiel?

Zwangsversteigerung Risiko

Doch es gibt auch eine Reihe an Risiken zu berücksichtigen, die mit dem Immobilienkauf über eine Zwangsversteigerung einhergehen. Zwischen dem erstellten Gutachten und dem Termin der Versteigerung liegen teilweise Zeiträume von bis zu zwei Jahren. Inzwischen kann es zu einem teils erheblichen Wertverlust gekommen sein. Unterstützt wird dieser zusätzlich, wenn in der Region die Immobilienpreise im Allgemeinen gesunken sind. Steigen diese jedoch, gestaltet sich das wiederum für den Käufer vorteilhaft.

1. Immobilienkauf ohne Immobilienmakler

Ein grundsätzliches Risiko: Der Kauf findet ohne Beteiligung eines Immobilienmaklers statt, der sich im Kundenauftrag umfassend über die Immobilie informieren könnte und dafür sorgt, dass das Immobiliengeschäft rechtlich und finanziell für den Käufer sicher und erfolgreich abgewickelt wird.

2. Kein Einblick ins Innere der Immobilie bei einer Zwangsversteigerung

Ein weiteres Risiko: Um sich einen ausreichenden Überblick über den Zustand einer Immobilie zu verschaffen, wäre es zwingend erforderlich, dass sich der Käufer im Inneren der Immobilie (Haus, Wohnung) einmal umsehen kann. Der Noch-Besitzer ist jedoch nicht dazu verpflichtet, dem Käufer Zugang zu den Innenräumen zu gewähren.

In der Regel erhält der Käufer vor dem Kauf keine Informationen und Bildnachweise, wie es um das Innenleben der Immobilie bestellt ist. Ein erhebliches Risiko! Denn das bedeutet für den Interessenten mehr oder weniger die Katze im Sack zu kaufen und das sicher geglaubte Schnäppchen wird so schnell zum hochriskanten Glücksspiel.

3. Keinen Anspruch auf Mängelhaftung bei einer Zwangsversteigerung

Besonders unangenehme Folgen für den Käufer kann eine Immobilienversteigerung nach sich ziehen, wenn im ersteigerten Haus oder in der  Wohnung erhebliche Bau- und Sachmängel bestehen, wie z.B. ein Wasserrohrbruch, Schimmel an den Wänden oder morsche Dachbalken. Denn das bedeutet für den Neubesitzer, dass er diese Mängel alleine zu schultern hat.

Der Käufer kann nämlich keinen Anspruch auf Gewährleistung geltend machen, denn eine Mängelhaftung gilt im Zuge einer Zwangsversteigerung nicht. Konnte der Käufer die Immobilie vor dem Kauf jedoch nicht von Innen besichtigen, wird der über den Verkehrswert ermittelte Kaufpreis um einen Sicherheitsabschlag reduziert.

4. Kosten durch eine eventuelle Zwangsräumung

Weitere Probleme treten z.B. auch dann auf, wenn sich der Schuldner weigert aus dem Objekt auszuziehen. Zwar muss der Käufer keinen langwierigen Zivilprozess fürchten, da der Zuschlag bei der Versteigerung gleichzeitig der sogenannte „Räumungstitel“ ist. Trotzdem entstehen im Falle einer Zwangsräumung zusätzliche Kosten für den Käufer.

5. Risiken durch rechtliche Mängel an der Immobilie

Ungewiss bleibt für den Käufer auch, ob eventuell rechtliche Schwierigkeiten bestehen, zu denen gegebenenfalls eine unzureichende Baugenehmigung zählt, wie auch ein fehlender Anschluss an die Straße oder die Kanalisation. Der neue Eigentümer hat in derartige Rechtswidrigkeiten keinerlei Einsicht, muss dann aber für die Versäumnisse geradestehen, wenn diese auffliegen.

Fazit: Immobilienerwerb per Zwangsversteigerungen ist riskant

Zwangsversteigerungen von Immobilien: Fazit

Zwangsversteigerungen von Immobilien gelten für viele Kaufinteressenten immer noch als gute Gelegenheit echte Immobilien-Schnäppchen zu ergattern. Das kann mit viel Glück gelingen, ist aber in der Regel eher selten der Fall. Die Risiken beim Immobilienkauf per Zwangsversteigerung überwiegen hier deutlich im Vergleich zu den möglichen, preislichen Vorteilen.

Der Käufer hat in der Regel nur geringe Einblicke in den tatsächlichen Zustand der Immobilie. Mögliche Bauschäden, Schimmel, undichte Wasserrohre, veraltete elektrische Anlagen, brüchiger Putz oder ein feuchter Keller summieren sich schnell zu Kosten auf, die die möglichen Einsparungen bei einem günstigen Verkaufspreis übersteigen und so dem Käufer mitunter einen erheblichen finanziellen Schaden zufügen können.

Der Kauf einer Immobilie per Zwangsversteigerung ist daher eher als Glücksspiel einzuordnen und nur etwas für Leute, die dem Nervenkitzel und den mitunter hohen Kosten für die Beseitigung von Schäden an der Immobilie gewachsen sind.