Was versteht man unter dem Nießbrauchrecht?

Was Sie über das Nießbrauchrecht wissen müssen

Alles, was sie über das Nießbrauchrecht wissen müssen.

Das sogenannte Nießbrauchrecht ist ein sehr altes deutsches Recht. Es wird häufig dann angewandt, wenn Eltern ihren Kindern eine Immobilie noch zu Lebzeiten schenken, aber weiterhin dort wohnen möchten. Als Nießbrauchberechtigter kann man dabei Gewinne aus einer Immobilie oder einem Grundstück ziehen, ohne diese zu besitzen. Damit geht das Nießbrauchrecht weit über das Wohnrecht hinaus und kann auch auf nicht verwandte Personen übertragen werden. Welche anderen Besonderheiten es gibt und wann eine vertragliche Vereinbarung des Nießbrauchs sinnvoll ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Was versteht man unter Nießbrauchrecht für Immobilien?

Nach §1303 BGB bezeichnet das Nießbrauchrecht das Nutzungsrecht an einer Sache. Im Grunde ermöglicht es einer Person, Profit aus einem fremden Gut zu ziehen, ohne selbst der Eigentümer zu sein. Konkret bedeutet dies für den Immobilienmarkt: Wenn das Nießbrauchrecht vom Eigentümer einer Immobilie an eine Person übertragen wird, hat diese neben dem Wohnrecht auch das Recht, das Objekt wirtschaftlich zu nutzen.

Der Nießbraucher hat also die Möglichkeit, die Immobilie entweder selbst zu bewohnen oder weiterzuvermieten und damit Gewinne zu erzielen. Leidlich verkaufen darf der Nießbrauchberechtigte die Immobilie nicht. Nach § 873 BGB wird gefordert, dass das Nießbrauchrecht von einem Notar beurkundet und der neue Nießbraucher ins Grundbuch in der Abteilung II eingetragen wird.

Wussten Sie schon? Wörtlich übersetzt aus dem Lateinischen bedeutet der Begriff Nießbrauch „Fruchtgenuss“. Deswegen spricht man in diesem Zusammenhang auch häufig von Fruchtziehung. Der Nießbraucher, oder umgangssprachlich genannt Nutznießer, hat im übertragenen Sinne das Recht, Frucht, also Gewinn, aus der Immobilie zu ziehen, für die ihm das Nießbrauchrecht übertragen wurde.

Wer ist bei Nießbrauch der Eigentümer?

Wer ist beim Nießbrauch der Eigentümer?

Der Eigentümer bleibt auch nach einer Übertragung des Nießbrauchrechts an eine andere Person der rechtliche Eigentümer der Immobilie. Allerdings tritt er mit der Vereinbarung umfassende Rechte an den Nießbraucher ab. Er behält lediglich das Verfügungsrecht. Das bedeutet, dass der Eigentümer das Objekt jederzeit verkaufen darf – auch ohne die Zustimmung des Nutznießers.

Was ist der Unterschied zwischen Nießbrauch und Wohnrecht?

Zuerst einmal muss festgehalten werden: Nießbrauch und Wohnrecht weisen auf den ersten Blick einige Ähnlichkeiten auf. Beide müssen in das Grundbuch eingetragen werden und verringern in der Regel den Wert einer Immobilie. Außerdem bleiben beide auch nach dem Verkauf der Immobilie verstehen und weder Nießbrauch noch Wohnrecht können vererbt werden.

Ist Nießbrauch vererbbar?
Grundsätzlich kann ein Nießbrauch weder vererbt noch übertragen werden. Mit dem Tod des Nießbrauchers erlischt so in der Regel das Nutzungsrecht.

Auch wenn die beiden Begriffe häufig verwechselt werden, unterscheiden sie sich im Kern wie folgt:

➔ Das Wohnrecht ermöglicht der begünstigten Person, ein Immobilienobjekt oder Teile davon zu bewohnen bzw. als Wohnraum zu nutzen. Der Nießbrauch geht darüber hinaus.

Der Nießbrauchberechtigte hat zusätzlich zum Wohnrecht das Recht, den Wohnraum zu wirtschaftlichen Zwecken zu nutzen, also zu vermieten.

Welche Arten von Nießbrauch gibt es?

Welche verschiedenen Nießbrauchformen gibt es?

Vorbehaltsnießbrauch

Die Immobilie wechselt in den Besitz eines neuen Eigentümers, aber der bisherige Eigentümer erhält im Gegenzug den Nießbrauch am Objekt. Er darf die Immobilie somit weiterhin bewohnen und auch weitervermieten. Diese Art des Nießbrauchs wird häufig im Kontext einer Erbfolge genutzt, bei der die natürliche Weitergabe des Objekts an Erben nach dem Tod des Eigentümers vorweggenommen wird.

Ein Beispiel: Ihr Sohn wird neuer Eigentümer Ihrer Wohnung und Sie möchten dort bis zu Ihrem Lebensende das Wohnrecht erhalten oder womöglich Einnahmen durch die Weitervermietung erzielen. Für diesen Fall ist der Vorbehaltsnießbrauch sinnvoll.

Zuwendungsnießbrauch

Die Immobilie gehört weiterhin dem rechtlichen Eigentümer. Allerdings tritt dieser das Wohnrecht und sein Recht, Mieteinnahmen zu erzielen, an eine andere Person ab und überträgt so das Nießbrauchrecht an diese. Der neue Nießbraucher ist somit dazu berechtigt, von erwirtschafteten Gewinnen z. B. durch Vermietung zu profitieren.

Es gibt drei Unterformen des Zuwendungsnießbrauchs, die sich bezogen auf die Entgeltzahlung und Besteuerung unterscheiden:

  • Entgeltlicher Zuwendungsnießbrauch: Der Nießbraucher muss dem Eigentümer ein Entgelt zahlen und seine Einnahmen aus z. B. Miete versteuern. Allerdings kann der Nießbraucher den Betrag als Werbungskosten (= berufliche Kosten) von der Steuer absetzen. Der Eigentümer muss das erhaltene Entgelt ebenfalls versteuern. 

  • Unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch: Der Nießbraucher muss kein Entgelt an den Eigentümer bezahlen. So fallen auch die Steuern, die auf die Einnahmen aus der Miete zu zahlen sind, geringer aus. Der Eigentümer bezieht dabei keine Einkünfte. Wenn der Nießbraucher die Immobilie selbst nutzt und nicht vermietet, dann ist diese Form einkommensteuerlich nicht relevant.  

  • Teilentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch: Hierbei wird der Nießbrauch steuerlich in zwei Vorgänge gesplittet. Entsprechend wird die Besteuerung aufgeteilt.

Nachrangiger Nießbrauch

Da nach BGB das Nießbrauchrecht nicht automatisch vererbt werden kann, wird bereits bei der Vereinbarung des Nießbrauchs eine dritte Person festgelegt, die mit Ableben des eigentlichen Nießbrauchers das Nießbrauchrecht erhält.

Quotennießbrauch

Diese Sonderform, auch Bruchteilsnießbrauch genannt, beschreibt, dass dem Nießbraucher nur ein Anteil an den erwirtschafteten Erträgen, z. B. durch die Vermietung des Wohnraums, erhält. Nießbraucher und Eigentümer beziehen so beide Einkünfte aus dem Immobilienobjekt.

Welche Rechte und Pflichten haben Eigentümer und Nießbraucher?

Im Folgenden finden Sie einen Überblick über die Rechten und Pflichten, die sich aus dem Nießbrauchrecht für Eigentümer sowie Nießbraucher ergeben:

Rechte des Nießbrauchers

  • Fruchtziehung: Das bereits erwähnte Ziehen von Erträgen   und Gewinnen aus der Immobilie, z. B. Mieteinnahmen. 
  • Alleinige Verfügungsgewalt über die Einnahmen  
  • Recht auf Schadensersatz gegenüber dem Eigentümer im Falle einer Verletzung seiner Nießbrauchrechte  

Pflichten des Nießbrauchers

  • Erhalt und ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Immobilie  
  • Versicherung des Objekts 
  • Melden von notwendigen Ausbesserungen oder Schäden an den Eigentümer 
  • Einnahmen aus der Fruchtziehung müssen in der Steuererklärung angegeben werden 

Rechte des Eigentümers

  • Im Nießbrauchvertrag kann der Eigentümer den Nießbraucher und seine Rechte beschränken: Der Nießbrauch kann z. B. nur auf eine bestimmte Zeit oder einen Immobilienteil reduziert werden. 
  • Er behält das Verfügungsrecht. Das bedeutet, dass er die Immobilie jederzeit ohne Zustimmung des Nießbrauchers verkaufen kann. Allerdings bleibt das Nießbrauchrecht dabei allerdings bestehen.

Pflichten des Eigentümers

  • Er muss für Modernisierungskosten, also größere Unterhaltungskosten, aufkommen.

Wann und für wen ist das Nießbrauchrecht sinnvoll?

In welchen Fällen ist Nießbrauch von Vorteil?

Insbesondere für ältere Personen kann die Nutzung des Nießbrauchrechts sinnvoll sein. Damit lassen sich nämlich häufig Steuern, wie die Erbschaftssteuer, einsparen. Wenn der Eigentümerwechsel eines Hauses von den Eltern zu den Kindern bereits zu Lebenszeiten als Schenkung erfolgt, das Haus also nicht erst nach dem Ableben der Eltern vererbt wird, dann müssen dafür keine Steuern gezahlt werden. Als Voraussetzung dafür gilt, dass sich der Immobilienwert unter dem Freibetrag befindet. Dieser Freibetrag richtet sich z. B. nach dem Verwandtschaftsverhältnis der an der Schenkung beteiligten Parteien.

Ein weiterer Steuervorteil im familiären Rahmen ergibt sich außerdem, wenn Kinder während des Studiums die Mieterlöse durch den Nießbrauch erzielen. Da sie ein geringes Einkommen haben, können sie die Mieteinnahmen günstiger versteuern als ihre Eltern.

Für die ursprünglichen Eigentümer entstehen durch die Schenkung an ihre Kinder keine Nachteile, da sie dank des vereinbarten Nießbrauchrechts bis zum Lebensende in Ihrer Wohnung bleiben können und diese sogar vermieten dürfen. Ein großer Vorteil es Nießbrauchs ist also die Sicherheit, die der Schenkende erhält. Er kann nicht nur seine Wohnung behalten, er kann diese auch weitervermieten, wenn er zusätzliche Einnahmen benötigt.

Das kann ganz praktisch z. B. dann vorteilhaft sein, wenn der Nießbraucher in ein Pflegeheim zieht und den Wohnraum vermietet. Durch das lebenslange Nutzungsrecht der Wohnung sind ihm die Mieteinnahmen gesichert und können dabei helfen, den Heimaufenthalt oder die Pflege zu finanzieren.

Welche Vorteile sich durch den Nießbrauch für Immobilienverkäufer ergeben.

Das Nießbrauchrecht bietet nicht nur Vorteile, wenn es um die Themen Schenkung und Erbschaft geht. Grundsätzlich kann es auch dann interessant sein, wenn Personen ihr Haus oder Teile davon verkaufen wollen, ohne auf ihr Wohnrecht oder Nutzungsrecht verzichten zu wollen. Durch den Verkauf seiner Immobilie kann man zudem schnell viel Geld erhalten und dank des Nießbrauchrechts trotzdem zu Hause wohnen bleiben. Nießbrauch kann auch dann helfen, wenn man seinem Partner genannte Rechte zusichern will – für den Fall, dass man früher stirbt.

Welche möglichen Nachteile hat das Nießbrauchrecht?

Neben der vielen Vorteile bringt das Nießbrauchrecht auch einige Nachteile mit sich. Diese sollten genaustens bedacht werden, bevor der Nießbrauch an eine andere Person übertragen wird.

  1. Zunächst verliert die Immobilie durch ein eingetragenes Nießbrauchrecht an Verkehrswert, da der Nießbraucher auch nach einem Verkauf seine Rechte beibehält. Nur wenige Käufer haben Interesse an einem Objekt, für das sie weder das Wohn- noch das Nutzungsrecht erwerben können. Das sollte insbesondere dann berücksichtigt werden, wenn der Eigentümer plant, die Immobilie in Zukunft zu verkaufen. Dem Käufer muss Einsicht in den Nießbrauchvertrag gewährt werden.

Gut zu wissen: Die Wertminderung kann auch einen positiven Mehrwert haben! Sinkt der Wert der Immobilie so stark, dass er unter der Freibetragsgrenze für eine Schenkung liegt, müssen im Falle einer Schenkung keine Steuern gezahlt werden.

  1. In der Regel gilt das Nießbrauchrecht lebenslänglich. Das kann einen Vorteil für den Nießbraucher, aber einen Nachteil für den Eigentümer bedeuten. Ein Beispiel verdeutlicht dies gut: Wenn Ihre Mutter Ihnen den Besitz an ihrem Haus überträgt und gleichzeitig den Nießbrauch erhält (klassischer Vorbehaltsnießbrauch), so müssen Sie die Kosten für Modernisierungsmaßnahmen bis zum Lebensende Ihrer Mutter tragen. Das könnte zu familiären Streitigkeiten führen. 

  2. An den unter 2. aufgeführten Fall schließt sich direkt folgender Steuernachteil an: Als neuer Eigentümer sind Sie zwar für mögliche Modernisierungsmaßnahmen verantwortlich. Allerdings nehmen nicht Sie, sondern Ihre Mutter Einnahmen durch die Vermietung ein. Das führt dazu, dass Sie als Eigentümer die anfallenden Kosten steuerlich nicht von den Werbungskosten absetzen können. Das kann nur der Nießbraucher, wie Sie im Absatz zu unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch lesen konnten.

Wie wird der Nießbrauchswert berechnet?

Wie berechnet man den Nießbrauchswert?

Der Nießbrauchwert, also Kapitalwert des Nießbrauchrechts, hängt von den potenziellen Mieteinnahmen und dem Alter und Geschlechts des Nießbrauchberechtigten ab. Die Dauer des Nießbrauchs wirkt sich außerdem auf den Immobilienwert aus, der sich um den Nießbrauchswert verringert. In folgenden drei Schritten lässt sich der Nießbrauchswert bestimmen:

  1. Durch Hochrechnung der Mieteinnahmen oder Mietersparnis bei Selbstnutzung der Wohnung wird der Jahreswert pro Jahr berechnet.

  2. Abhängig von der Restlebensdauer des Nießbrauchberechtigten (bei lebenslangem Nießbrauchrecht) oder Dauer des Vertrags (bei zeitlicher Begrenzung des Nießbrauchs) wird der Vervielfältiger bestimmt.

  3. Im letzten Schritt wird der Kapitalwert des Nießbrauchs ermittelt, indem der Jahreswert mit dem Vervielfältiger multipliziert wird.

Wie kann Nießbrauch gelöscht oder beendet werden?

Eigentlich gilt das Nießbrauchrecht ein Leben lang. In folgenden Fällen ist es dennoch möglich, den Nießbrauch zu beenden:

  • Im Nießbrauchvertrag wird direkt die Dauer vereinbart. Das Nießbrauchrecht gilt in diesem Fall nicht fristlos, sondern ist zeitlich begrenzt und erlischt mit Ablauf der vereinbarten Zeit.

  • Gilt der Nießbrauchvertrag bis zum Lebensende des Nießbrauchers, so erlischt es mit dessen Tod. Dafür muss die Sterbeurkunde beim Grundbuchamt vorgelegt werden.

  • Das Nießbrauchrecht kann von Eigentümer und Nießbraucher einvernehmlich gelöscht werden. Es ist ebenfalls möglich, dass der Nießbraucher sein Recht abgibt und damit auf den Nießbrauch verzichtet. Für die Löschung kann auch eine Entschädigungszahlung vom Eigentümer an den Nießbraucher vereinbart werden. Abschließend muss die Löschung notariell beglaubigt werden. Das Nießbrauchrecht wird damit wieder aus dem Grundbuch gestrichen.

  • Wenn der Nießbraucher sich vertragswidrig verhält (z. B. durch unsachgemäße Nutzung der Immobilie), kann der Eigentümer die Immobilie zurückfordern. Dazu kann er eine Rückforderungsklausel nutzen.

  • Der Nießbrauch endet automatisch, wenn die Immobilie nicht mehr genutzt werden kann.

  • Auch eine Zwangsversteigerung im Falle einer Verschuldung des Eigentümers kann Grund dafür sein, dass der Nießbraucher sein Recht verliert.

Fazit

Wie Sie sehen, bietet das Nießbrauchrecht sowohl für Eigentümer als auch Nießbrauchern viele Vorteile, wenn es darum geht, Steuern zu sparen oder Wohn- und Nutzungsrechte zu sichern – insbesondere bei Erbschaftsangelegenheiten oder Schenkungen innerhalb der Familie.

Gleichermaßen gibt es allerdings auch einige Nachteile: Diese sollten genau bedacht werden, bevor man sich als Eigentümer dazu entscheidet, Teile seiner Rechte an einer Immobilie oder einem Grundstück an eine andere Personen zu übertragen. Klären Sie vorher also genau ab, ob das Nießbrauchrecht bzw. welche Form davon für Sie infrage kommt! 

 

Sie möchten sich beraten lassen, ob das Nießbrauchrecht für Ihre Immobilie vorteilhaft ist? Sie haben noch offene Fragen zu diesem Thema? Nehmen Sie jetzt Kontakt mit uns auf. Wir beraten Sie gerne!