Was ist das Erbbaurecht? Eigenes Heim auf fremdem Boden
Wenn ein Grundstück nicht vom Eigentümer selbst bebaut wird
Bauen auf fremdem Grund: Mit der Vergabe eines Erbbaurechts dürfen Bauwerke auf Grundstücken errichtet werden, die nicht den Bauherren selbst gehören. Das bedeutet: Die Erbbauberechtigung an einem Bauland gibt Dritten das Recht, eine Immobilie auf fremdem Boden zu bauen – und das ist üblicherweise für 99 Jahre gültig. Aber wozu gibt es das Erbbaurecht? Und lohnt es sich, Bauland im Erbbaurecht zu erwerben bzw. was muss bedacht werden?
Inhaltsverzeichnis:
- Was ist der Hintergrund des Erbbaurechts?
- Wie hoch ist der Erbbauzins?
- Anbieter und Vergabe von Erbbaugrundstücken
- Was darf auf einem Erbbaugrundstück errichtet werden?
- Was passiert bei Ablauf des Erbbaurechts?
- Welche Nachteile kann das Erbbaurecht mit sich bringen?
- Der Heimfall beim Erbbaurecht
- Fazit: Das Erbbaurecht kann zum Vorteil genutzt werden
Was ist der Hintergrund des Erbbaurechts?
Das Erbbaurecht ist ein veräußerliches und vererbliches Recht an einem Gebäude – ohne gleichzeitig Eigentümer des bebauten Grundstücks sein zu müssen. Somit profitiert ein Bauwilliger (der Erbbauberechtige), indem er sich den Kaufpreis für ein Grundstück spart: Er baut, ohne zuvor den meist kostspieligen Grund erwerben zu müssen.
Gleichzeitig kann ein Grundstücksbesitzer (der Erbbaurechtgeber) seinen Boden wirtschaftlich verwerten, ohne ihn verkaufen zu müssen. Er bleibt nach wie vor Grundstückseigentümer und erhält vom Erbbauberechtigten stattdessen ein Nutzungsentgelt: den sogenannten Erbbauzins. Erbbaurechtsnehmer sind Grundstückseigentümern rein rechtlich gesehen nahezu gleichgestellt: Das Erbbaurecht wird ins Grundbuch eingetragen. Der Erbbaurechtsvertrag wird notariell beglaubigt.
Zur Info: Das Erbbaurecht wird seit dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1919 in Deutschland per Gesetz geregelt und basiert auf dem Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG). Allerdings gibt das Gesetz nur einen sehr groben gesetzlichen Rahmen – so sind individuelle Vereinbarungen die Regel.
Wie hoch ist der Erbbauzins?
Der Erbbauzins kann von den Vertragspartnern frei verhandelt werden. Er liegt oftmals auf einem „normalen Zinsniveau“ von etwa 4 bis 6 Prozent vom Grundstückswert und muss jährlich gezahlt werden. Erbbauverträge beinhalten jedoch meist eine Anpassungsklausel: Damit kann der Erbbauzins dem aktuellen Zinsniveau angepasst werden. Fehlt eine solche Klausel, gilt der vereinbarte Zins für die gesamte Vertragslaufzeit.
Erbbauzins Rechenbeispiel:
Erbbauzins Rechenbeispiel: Wenn der Erbbauzins mit 5% des Grundstückwertes angesetzt ist, bedeutet das: Für ein Grundstück im Wert von 150.000 Euro muss der Erbbauberechtige (Bauherr) 7.500 Euro im Jahr an den Erbbaurechtgeber (Grundstückseigentümer) Erbbauzins zahlen.
Achtung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine nachträgliche Anpassung für Extremfälle bejaht. Unter Extremfall versteht sich z. B. der Anstieg der Lebensunterhaltskosten um 150 Prozent oder eine um 60 Prozent gesunkene Kaufkraft. Gemäß § 9a des Erbbaurechtsgesetzes darf die Anpassung des Erbbauzinses höchstens alle drei Jahre stattfinden und die „allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse“ nicht übersteigen.
Anbieter und Vergabe von Erbbaugrundstücken
Das Erbbaurecht wird nur selten zwischen Privatpersonen angewendet: Allem voran ist die Kirche ein führender Anbieter von Erbbaugrundstücken. Wer ein Grundstück von der Kirche zum Hausbau nutzen möchte, sollte zunächst einmal Mitglied der Kirche sein, von der ein Grundstück angeboten wird. Gute Kontakte können darüber hinaus natürlich hilfreich sein.
Auch Städte und Gemeinden bieten mitunter Grundstück im Erbbau an: Sie überlassen ihren Grund und Boden hauptsächlich sozial schwachen oder kinderreichen Familien, damit diese sich Eigenheime schaffen können. Welche Stadt eigene Erbbau-Grundstücke anbietet, kann beim kommunalen Liegenschaftsamt nachgefragt werden.
Was darf auf einem Erbbaugrundstück errichtet werden?
Sofern sichergestellt ist, dass es sich bei dem Erbbaugrundstück um Bauland handelt, darf vom Erbbauberechtigten ein Haus darauf errichtet werden – und zwar in dem im Bebauungsplan festgelegten Umfang, bzw. wie es mit dem Grundstückseigentümer im Erbbaurechtsvertrag vereinbart wurde. Je nach vertraglicher Einigung können u.a. folgende Häuserarten gebaut werden:
- Einfamilienhäuser
- Doppelhäuser
- Mietshäuser
- Reihenhäuser
Was passiert bei Ablauf des Erbbaurechts?
Das Erbbaurecht gilt in aller Regel 99 Jahre. Das bedeutet: Den Ablauf des Erbbauvertrags erleben die Personen, die in abgeschlossen haben in aller Wahrscheinlichkeit nicht selbst. Doch das Erbbaurecht kann veräußert oder vererbt werden. Mit dem Ablauf des Erbbaurechts geht eine Immobilie an den Grundstückseigentümer über: Dieser muss dem Hauseigentümer jedoch eine Entschädigung zahlen – diese entspricht dem Marktwert des Hauses.
Hier gilt allerdings zu bedenken: Sofern das Gebäude zwischenzeitlich nicht abgerissen und neu gebaut wurde, ist es mit Ablauf des Erbbaurechtsvertrags etwa 99 Jahre alt. Der Wert wäre in diesem Fall dementsprechend gering. § 2 Nr. 6 ErbbauRG zufolge können die Parteien aber auch ein optionales Recht auf Erneuerung des Erbbaurechts nach dem fristgerechten Ablauf vereinbaren. Nach § 2 Nr. 7 ErbbauRG kann außerdem vereinbart werden, dass der Grundstückseigentümer nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit den Grund an den Erbbauberechtigten verkaufen muss.
Welche Nachteile kann das Erbbaurecht mit sich bringen?
Haus verkaufen – aber ohne Grundstück? Der Nachteil des Erbbaurechts liegt darin, dass Erbbauberechtigte beim Immobilienverkauf schlechter einen Käufer finden und in der Regel deutlich geringere Verkaufspreise erzielen. Zusätzlich gilt für auf Erbbaugrund errichtete Gebäude: Grundstückseigentümer müssen dem Verkauf zustimmen (eine Ablehnung ist jedoch nur zulässig, wenn der Käufer den anfallenden Erbbauzins nicht bezahlen kann) und haben grundsätzlich ein Vorkaufsrecht.
So sind Hausbesitzer mit Erbbaurecht in ihren Verkaufsentscheidungen deutlich weniger frei – zumal eine geringe Dauer der Restlaufzeit die Suche nach einem Käufer erschweren kann. Darüber hinaus könnte auch eine geplante Baufinanzierung zu Problemen führen: Hier muss der Eigentümer unter Umständen ebenfalls zustimmen – zumindest falls Grundpfandrechte auf dem Grundstück liegen. Allerdings kann auch ein Recht beliehen werden. So könnte eine Hypothek auch auf das Erbbaurecht eingetragen werden, nicht auf das Grundstück.
Der Heimfall beim Erbbaurecht
Auch der sogenannte „Heimfall“ kann zu Problemen beim Erbbaurecht führen. Das bedeutet: Ein Grundstück fällt dem Besitzer aus verschiedenen Gründen wieder „anheim“. Während dieser Fall bei Städten, Gemeinden und Kirchen kaum vorkommt, könnten aber private Grundstückseigentümer untereinander verschiedene Gründe im Vertrag vermerken, die dazu führen, dass ein Grundstück samt Gebäude in den Besitz des Grundstückeigentümers zurückfällt.
Erbbauberechtigte sollten also von vornherein genau prüfen: Welche Heimfallgründe stehen im Vertrag? Prinzipiell sollte ein Heimfall nur infrage kommen, wenn ein Haus nicht fristgerecht errichtet sowie gänzlich zweckentfremdet wird oder verwahrlost.
Fazit: Das Erbbaurecht kann zum Vorteil genutzt werden
Das Erbbaurecht bringt Vorteile und Nachteile mit sich: Zum einen sollte klar sein, dass der Wiederverkaufswert eines Hauses auf einem Erbbaugrundstück geringer ist als auf einem gekauften Grundstück. Zudem sollten Verträge mit Privatpersonen mit Bedacht ausgehandelt werden und eventuelle Begründungen für einen Heimfall unter die Lupe genommen werden. Trotz der Contras gilt aber: Wer die Möglichkeit hat, an ein Erbbaugrundstück zu kommen und einige Punkte im Erbbauvertrag zu seinen eigenen Gunsten aushandeln kann, ist gut beraten zuzugreifen.
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