Das Bieterverfahren
Die Nachfrage nach Wohneigentum in Deutschland steigt in den vergangenen Jahren immer weiter an – zum Leidwesen aller potenziellen Immobilieneigentümer allerdings überproportional zum Angebot. Deshalb heißt es immer häufiger: „Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten: Verkauft!“ – und zwar an den Höchstbietenden. Das sogenannte Bieterverfahren stellt eine moderne Alternative zum klassischen Immobilienverkauf dar.
Ursprünglich stammt das Verfahren aus den USA, kommt aber inzwischen auch in Deutschland häufig zum Einsatz. Es ermöglicht besonders schnelle Verkäufe zu überdurchschnittlich hohen Verkaufspreisen. Die Preisbildung obliegt den potenziellen Käufern. Was genau das Bieterverfahren ist, welche Arten es gibt, welche Vor- und Nachteile es mit sich bringt und was man als Käufer beachten sollte erfahren Sie hier.
Inhaltsverzeichnis:
- Was ist das Bieterverfahren?
- Welche Arten von Bieterverfahren kann man unterscheiden?
- Wie läuft das Bieterverfahren ab?
- Welche Arten von Bieterprozessen gibt es?
- Was ist der Unterschied zwischen Offline- und Onlinevermarktung?
- Die Vorteile des Bieterverfahrens
- Die Nachteile des Bieterverfahrens
- Wann lohnt sich der Verkauf über das Bieterverfahren?
- Bieterverfahren: Tipps für Käufer
Was ist das Bieterverfahren?
Das Bieterverfahren ist eine Alternative zum herkömmlichen Immobilienverkauf. Ähnlich wie bei einer Auktion können interessierte Käufer ihre Gebote für eine Immobilie abgeben. Meist wird im Vorfeld kein Mindestpreis festgelegt, das heißt die potenziellen Käufer können sehr flexibel auf ein Objekt bieten. Dadurch, dass üblicherweise sehr viele Bieter an dem Verfahren teilnehmen, entsteht eine Wettbewerbssituation, die zum stetigen Anstieg des Verkaufspreises führt. Der Preis wird hier ganz klar vom Markt bestimmt – und nicht von der Immobilienbewertung. Gibt es viele Nachfragende, so kann ein höherer Verkaufspreis erzielt werden. Ist die Nachfrage gering, ist die Immobilie günstiger zu haben.
Zur Info: Grundsätzlich ist das Bieterverfahren nicht für alle Objekte sinnvoll. Besonders häufig wird es für Immobilien verwendet, die sich in einem guten Zustand befinden, aber renovierungsbedürftig sind. Auch schlecht verkäufliche Immobilien können mithilfe des Bieterverfahrens meist schnell und unkompliziert verkauft werden.
Welche Arten von Bieterverfahren kann man unterscheiden?
Offenes Bieterverfahren:
Hier kündigt der Makler einen offenen Besichtigungstermin an, eine sogenannte Open-House-Besichtigung. Bei dieser Besichtigung können alle Interessenten die Immobilie besichtigen und sich einen Gesamteindruck verschaffen. Danach können sie innerhalb der festgelegten Bieterfrist ihre Gebote abgeben.
Privates Bieterverfahren:
Bei einem privaten Bieterverfahren wird eine Immobilie verkauft, die im Eigentum einer Privatperson ist und das Bieterverfahren privat durchführt. Häufig wird es einem offenen Bieterverfahren gleichgestellt. Allerdings lässt sich das private Verfahren von Auktionen und Versteigerungen abgrenzen.
Öffentliches Bieterverfahren:
Hier sind die Eigentümer bzw. Verkäufer der Immobilie Gemeinden, Kreise, Bundesländer oder andere öffentliche Einrichtungen. Beim öffentlichen Bieterverfahren ist das Vorgehen des Verfahrens ganz klar gesetzlich geregelt.
Wie läuft das Bieterverfahren ab?
Das Bieterverfahren lässt sich typischerweise in 7 Abschnitte unterteilen. Es beginnt stets mit der Vermarktung des Objektes und endet im Idealfall mit dem Verkauf der Immobilie an den Höchstbietenden. Meist wird vorher eine zeitliche Frist festgelegt, in der die Gebote abgegeben werden können.
- Vermarktung der Immobilie
Zuallererst vermarktet der Makler die Immobilie. Hierfür schaltet er eine Anzeige auf online Immobilienplattformen oder analog in Printmedien. Dort wird über wichtige Details wie Größe. Baujahr, Energiewerte, Lage, etc. informiert. In dieser Anzeige muss außerdem angegeben werden, dass es sich dabei um einen Verkauf der Immobilie über das Bieterverfahren handelt. Ebenfalls wird der Besichtigungstermin für eine Sammelbesichtigung des Objektes angekündigt. - Die Sammelbesichtigung
Die Besichtigung der Immobilie findet in der Regel in Form einer Sammelbesichtigung statt. Es werden also alle Interessenten gleichzeitig zu einem Termin eingeladen, um das Objekt kennenzulernen. Sollten Interessenten diesen Termin nicht wahrnehmen können, so kann der Makler nach Absprache auch einen Einzeltermin vereinbaren. - Einholen der Gebote
Die Kaufinteressierten geben anschließend innerhalb der vorher festgelegten Frist – in der Regel zwei bis vier Wochen – ihr Preisgebot ab. Dieses spiegelt wider, auf welchen Wert sie das Objekt schätzen. Je nach Vereinbarung müssen die Gebote z. B. schriftlich auf dem Postweg, persönlich oder online abgegeben werden. - Informieren der Bieter
Abhängig vom zuvor gewählten Verfahren informiert der Makler anschließend alle Kaufinteressenten über den derzeitigen Stand des Bieterverfahrens. In diesem Zuge erfahren die potenziellen Käufer auch das aktuelle Höchstgebot
- Prüfen der Gebote
Der Makler nimmt eine Auswertung aller abgegebenen Gebote vor und informiert den Bieter, der das höchste Gebot abgegeben hat. - Erstellen einer Bieterliste
Um anschließend die Gebote aller Kaufinteressenten mit dem Eigentümer besprechen zu können, erstellt der Immobilienmakler eine Liste mit allen unverbindlichen Preisgeboten. Nun ist eine nachträgliche Preisverhandlung der Kaufsumme mit einzelnen Kaufinteressenten möglich. - Treffen der Entscheidung
Der Eigentümer der Immobilie entscheidet anschließend, ob das Höchstgebot seinen finanziellen Vorstellungen entspricht und ob er das Objekt zu diesen Bedingungen verkaufen möchte. Ist auch der potenzielle Käufer noch immer bereit die gebotene Summe zu bezahlen, so erhält er den Zuschlag und der Verkaufsprozess kann abgeschlossen werden. Um den Immobilienkauf wirksam zu machen, unterschreiben beide Parteien den Kaufvertrag bei einem Notar. Das Bieterverfahren ist damit abgeschlossen.
Welche Arten von Bieterprozessen gibt es?
Es gibt verschiedenen Arten von Bieterprozessen. Grundsätzlich lässt sich zwischen drei Arten unterscheiden. Die Art des Bieterprozesses beeinflusst die Taktik der Gebotsabgabe.
1. Komplett verdecktes Bieterverfahren:
Die Gebote werden komplett verdeckt abgegeben. Hier können die Interessenten prinzipiell nur ein Gebot abgeben. Im Laufe der Gebotsphase wird den Bietern weder vom Makler noch vom Eigentümer das aktuelle Höchstgebot mitgeteilt.
2. Halb-transparentes Bieterverfahren:
Hier wird das aktuelle Höchstgebot regelmäßig oder unregelmäßig – je nach dem Ermessen des Eigentümers oder Maklers – öffentlich gemacht. Die Interessenten erfahren im Laufe der Gebotsphase das neue Höchstgebot und können anschließend erneut bieten.
3. Komplett transparentes Bieterverfahren:
Ein transparentes Bieterverfahren findet in der Regel über Online-Systeme statt. Hier sehen alle Interessenten zu jeder Zeit das aktuelle Höchstgebot. Somit können sie auch zu jederzeit ihr eigenes Gebot nachbessern.
Was ist der Unterschied zwischen Offline- und Onlinevermarktung?
Die Offline-Variante:
Bei einem offline Bieterverfahren geben die Kaufinteressenten ihr Gebot direkt beim zuständigen Makler oder direkt beim Eigentümer ab. Dies erfolgt aus Sicherheitsgründen meist in schriftlicher Form (E-Mail, Brief, Fax). Hierfür gilt meist eine Bieterfrist von ca. vier bis sechs Wochen. Handelt es sich um ein dynamisches Bieterverfahren können die Bieter nach Ablauf der Frist, ihr Gebot nochmals nachjustieren. Das Bieterverfahren geht also dann in eine nächste Runde.
Die Online-Variante:
Bei einem online Bieterverfahren können die Kaufinteressenten ihre Gebote online über eine Plattform abgeben, die Gebote der anderen Bieter mitverfolgen und ganz individuell darauf reagieren. Hierbei ist die Bieterfrist deutlich kürzer. Sie kann meist sogar nur wenige Stunden betragen.
Zur Info: Online-Verfahren können in der Regel schneller abgeschlossen werden. Durch den Zeitdruck kann es außerdem zu vergleichsweise höheren Geboten kommen. Allerdings besteht hierbei auch immer die Gefahr, dass die Bieter anschließend von ihrem vorschnellen Preisgebot zurücktreten.
Die Vorteile des Bieterverfahrens
- Durch den entstehenden Wettbewerb wird der Preis der Immobilie schnell in die Höhe getrieben.
- Der Verkaufsprozess ist meist innerhalb weniger Wochen beendet.
- Durch den Zeitdruck kann möglicherweise ein deutlich höherer Gewinn als bei üblichen Verkaufsvarianten erzielt werden.
- Der Eigentümer ist durch das Bieterverfahren nicht zum Verkauf verpflichtet, es besteht also kein Risiko.
- Durch die Ankündigung eines Bieterverfahrens steigen die Chancen auf eine höhere Nachfrage.
- Anhand der Gebote durch die Kaufinteressenten lässt sich ein realistischer Marktwert schätzen.
Vorteile für den Käufer: Immobilieninteressenten haben durch das Bieterverfahren die Möglichkeit, innerhalb kurzer Zeit und ohne langwierige Verhandlungen, ein Objekt zum tatsächlichen Marktwert zu erwerben. Denn der Kaufpreis ergibt sich in diesem Verfahren durch Angebot und Nachfrage.
Die Nachteile des Bieterverfahrens
- Entsteht nicht genug Wettbewerb um die Immobilie, ist der Grundpreis zu niedrig und ein Verkauf durch das Bieterverfahren wäre nicht rentabel.
- Ernste Interessenten könnten das Bieterverfahren für zu aufwendig oder missfallend erachten und somit als potenzielle Käufer wegfallen.
- Das Bieterverfahren ist unverbindlich. Der Höchstbietende kann also jederzeit auch nach Beendigung des Bieterverfahrens noch von seinem Gebot zurücktreten. Somit gibt es keine Erfolgsgarantie.
Wann lohnt sich der Verkauf über das Bieterverfahren?
Grundsätzlich erscheint ein Bieterverfahren für Eigentümer attraktiv, da der Verkaufspreis dadurch in die Höhe getrieben werden kann. Ob sich ein Bieterverfahren lohnt, muss im speziellen Einzelfall abgewägt werden. Es ist abhängig von der Nachfragesituation und ganz klar auch vom Objekt selbst.
Sinnvoll ist ein Bieterverfahren z. B. wenn die Immobilie:
- stark sanierungsbedürftig ist und deshalb der Marktwert schwer zu schätzen ist
- bisher über die klassischen Verkaufsmethoden nicht verkauft werden konnte
- schnellstmöglich verkauft werden soll, da die Verkaufssumme benötigt wird
- in einem Gebiet liegt, in dem eine sehr hohe Nachfrage herrscht
Grundsätzlich sollte ein Bieterverfahren immer von einem erfahrenen Immobilienmakler betreut und organisiert werden. Denn meist steckt hinter einem Bieterverfahren mehr Aufwand, als man vermuten möchte.
Bieterverfahren: Tipps für Käufer
- Finden Sie heraus, welche Motive der Eigentümer mit dem Verkauf verfolgt und bedienen Sie diese.
- Bauen Sie Vertrauen zum Makler und dem Eigentümer auf – geben Sie sich dafür nahbar, verlässlich und unkompliziert.
- Weisen Sie eine Finanzierungsbestätigung und somit echte Kaufabsichten und auch die Fähigkeit dazu nach.
- Achten Sie darauf, nicht über das Ziel hinauszuschießen. Setzen Sie sich ein Limit und halten Sie dieses ein. Bieterverfahren verleiten dazu, gesetzte Budget-Limits zu überschreiten.
- Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Nehmen Sie am Bieterverfahren Teil, wenn die Immobilie Sie anspricht. Die Gebote sind unverbindlich.
- Geben Sie Ihr Gebot am besten schriftlich ab. Dies ist sicherer und wirkt seriöser.
- Besichtigen Sie die Immobilie im Vorfeld. Dies sichert nicht nur Sie selbst ab, sondern hinterlässt auch beim Eigentümer einen guten Eindruck.
Sie haben eine Frage zum Thema Bieterverfahren? Oder Sie spielen selbst mit dem Gedanken Ihre Immobilie über ein Bieterverfahren zu verkaufen? Sprechen Sie mit uns! Wir beraten Sie gerne.