Was ist der Verkehrswert?
Der Verkehrswert, oder auch Marktwert einer Immobilie, stellt eine rechnerische Größe dar. Er findet beim Kauf oder Verkauf von Haus, Wohnung oder Grundstück seine Anwendung. Sein vorrangiger Zweck besteht darin, den Preis zu nennen, der sich aktuell mit einer Immobilie auf dem Markt erzielen lässt. In diesem Beitrag erklären wir Ihnen leicht verständlich alle Aspekte zum und rund um den Verkehrswert.
Inhaltsverzeichnis:
- Die Definition des Verkehrswertes
- Welche Merkmale zeichnen den Verkehrswert aus
- Wer ermittelt den Verkehrswert?
- Was beeinflusst den Verkehrswert?
- Welche Verfahren kommen bei der Verkehrswertermittlung zum Einsatz?
- Welche Dokumente werden für ein Verkehrswertgutachten benötigt?
- Was kostet ein Verkehrswertgutachten?
- Was ist der Unterschied zwischen Verkehrswert und Verkaufspreis?
- Wie wird der Verkehrswert bei einer Zwangsversteigerung festgelegt?
- Wann sollte der Verkehrswert einer Immobilie ermittelt werden?
Die Definition des Verkehrswertes
Den genauen, gesetzlichen Wortlaut der Beschreibung des Begriffs Verkehrswert findet man unter § 194 BauGB.
„Der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.“
Im Prinzip gibt der Verkehrswert also an, welcher Preis für eine Immobilie, zu einem bestimmten Stichtag bzw. zum Zeitpunkt des Gutachtens voraussichtlich erzielt werden kann. Ganz vereinfacht gesagt: Wie viel ist Ihre Immobilie gerade wert?
Welche Merkmale zeichnen den Verkehrswert aus?
Um den Verkehrswert greifbarer zu machen und ihn genauer verstehen zu können, kann man aus der oben aufgeführten Definition, folgende Merkmale ableiten:
- Das Objekt: Üblicherweise bezieht sich der Verkehrswert auf eine Immobilie oder ein Grundstück
- Das Ergebnis: Mithilfe eines Gutachtens wird der Wert einer Immobilie oder eines Grundstücks ermittelt.
- Die Stichtagsbezogenheit: Da der Verkehrswert kein dauerhaft feststehender Wert ist, kann er sich gegebenenfalls von heute auf morgen ändern. Der Verkehrswert ist somit variabel.
- Die Neutralität: Der Verkehrswert wird neutral ermittelt. Ganz unabhängig von den Verhältnissen der beteiligten Parteien (Verkäufer und Käufer).
- Der gewöhnliche Geschäftsverkehr: Wird der Verkehrswert ermittelt, werden die Freiheit aller Marktteilnehmer, offene Märkte und Informationsfreiheit zugrunde gelegt.
Wer ermittelt den Verkehrswert?
Als Immobilienverkäufer sollten Sie den Verkehrswert nicht selbst ermitteln. Ziehen Sie hierfür einen ausgewiesenen Profi hinzu. Staatlich geprüfte Immobiliengutachter bzw. diplomierte Sachverständige für Immobilienbewertungen wählen das für Ihre Immobilie geeignetste Verfahren aus und kommen aufgrund ihrer Fachkenntnisse zu einem Ergebnis, auf das sie sich verlassen können. Der professionell ermittelte Verkehrswert kann Ihnen dann anschließend als Grundlage für das Festlegen Ihres Angebotspreises dienen.
Was beeinflusst den Verkehrswert?
Grundsätzlich hängt der Verkehrswert von der aktuellen Marktsituation – also Angebot und Nachfrage auf dem Markt – ab. Umso mehr vergleichbare Objekte es auf dem Markt gibt, desto geringer wird der Marktwert ausfallen. Ist die Nachfrage nach einigen wenigen Immobilien oder Grundstücken allerdings sehr hoch, liegt der Verkehrswert hierfür deutlich höher.
Ein ebenfalls entscheidender Wertfaktor ist die Lage des Objekts. Ist diese sehr attraktiv, wird auch der Verkehrswert teurer. Logischerweise spielen auch Aspekte wie Grundfläche und Zuschnitt, Alter und (energetischer) Zustand und die Ausstattung des Objekts eine Rolle. Auch die denkbaren Möglichkeiten zur Nutzung der Immobilie sind relevant.
Welche Verfahren kommen bei der Verkehrswertermittlung zum Einsatz?
Um den Verkehrswert zu ermitteln, gibt es drei normierte Verfahren: das Vergleichswertverfahren, das Sachwertverfahren und das Ertragswertverfahren. Es ist üblich, dass mindestens zwei Verfahren gleichzeitig angewendet werden.
1. Vergleichswertverfahren
Wie sich nach dem Namen des Verfahrens schon vermuten lässt, geht es beim Vergleichswertverfahren darum, die Immobilie mit ähnlichen Objekten zu vergleichen. Dieses Verfahren wird meist dann angewendet, wenn der Eigentümer die Immobilie selbst bewohnt. Vor allem bei Eigentumswohnungen, Reihenhäusern und Doppelhaushälften. Der Gutachter zieht also für den Vergleich die Preise der Immobilien heran, die in der Vergangenheit in einer ähnlichen Lage und in vergleichbaren Gebäudezustand veräußert wurden.
2. Sachwertverfahren
Auch das Sachwertverfahren kann für selbst bewohnte oder auch derzeit nicht vermietete Immobilien angewendet werden. Hierbei wird der genaue Sachwert der Immobilie ermittelt. Es kommt vorerst auf den Bodenwert und die ursprünglichen Baukosten abzüglich der Werte für etwaige Abnutzungserscheinungen an. Damit wird der vorläufige Sachwert ermittelt:
Gebäudesachwert + Bodenwert = vorläufiger Sachwert
Um anschließend den endgültigen Marktwert zu erhalten, wird der vorläufige Sachwert mit einem Sachwertfaktor – der an die aktuelle Marktsituation angepasst ist – multipliziert. Dieses Verfahren stellt das anspruchsvollste dar.
3. Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren hingegen wird häufig genutzt, wenn es sich bei der Immobilie um ein gewerblich genutztes oder vermietetes Objekt handelt. Also prinzipiell bei allen Immobilien, mit denen ein Ertrag erwirtschaftet werden soll. Faktoren wie die erzielbaren Mieteinnahmen, die Bewirtschaftungskosten, der Liegenschaftszins und der sogenannte Vervielfältiger spielen hier eine wichtige Rolle. Zuerst werden Bodenwert, Grundstücksreinertrag und Gebäudereinertrag ermittelt. Anschließend wird der Gebäudereinertrag mit dem „Vervielfältiger“ multipliziert.
Der „Vervielfältiger“ setzt sich aus dem Liegenschaftszins und der Restnutzungsdauer zusammen. Anschließend kann dann der Ertragswert berechnet werden. Dies geschieht, indem Bodenwert und Gebäudeertragswert zusammengerechnet und die möglichen Werteänderungen miteinbezogen werden. Werteänderungen können besondere Umstände sein, die den Verkehrswert des Gebäudes mindern oder steigern können, z. B. ein guter Gebäudezustand, Bauschäden oder Mietbindungen.
Welche Dokumente werden für ein Verkehrswertgutachten benötigt?
Der von Ihnen angeforderte Gutachter wird zunächst eine Begehung Ihres Objekts machen. Abgesehen davon wird er ebenfalls einige zum Objekt gehörige Dokumente anfordern. Unterlagen, die der Immobiliensachverständige einsieht, damit er den Wert einer Immobilie marktgerecht bewerten kann:
- Grundbuchauszug
- Planunterlagen (Grundrisse etc.)
- Flurkarte
- Energieausweis
- Wohnflächenberechnung
- Ggf. Nachweise über Sanierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen
- Ggf. Angaben zu Rechten oder Belastungen des Grundstücks
Zusätzliche Dokumente bei Eigentumswohnungen oder Reihenhäusern:
- Teilungserklärung
- Wohngeldabrechnung
- Wirtschaftsplan
- Protokolle über Eigentümerversammlungen
Zusätzliche Dokumente für vermietete Objekte:
- Mietvertrag/-verträge
- Aufstellung der Mieteinnahmen
- Letzte Nebenkostenabrechnungen
Unser Tipp: Planen Sie, Ihre Immobilie oder Ihr Grundstück in naher Zukunft zu verkaufen, empfiehlt es sich, die aufgeführten Unterlagen bereitzulegen oder, falls sie Ihnen nicht vorliegen, bereits jetzt schon anzufordern.
Was kostet ein Verkehrswertgutachten?
Für den Preis der Ermittlung des Verkehrswertes gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Grundsätzlich richten sich die Kosten des Gutachtens nach dem Aufwand. Die Preise liegen dann bei ca. 2000 bis 5000 Euro pro Gutachten. Je aufwändiger das Gutachten zu erstellen ist (z. B. beim Verkauf eines Gewerbeobjekts oder im Rahmen einer Erbbaurecht-Angelegenheit), desto höher können sich die Kosten auch belaufen.
Oftmals richten sich die Kosten für das Gutachten aber auch nach dem Wert der Immobilie. Die Kosten betragen dann durchschnittlich ca. 1,5% des Immobilienwerts. Damit würden sich die Kosten für ein Verkehrswertgutachten bei einer Immobilie mit einem Wert von z. B. 400.000 Euro auf 6.000 Euro belaufen. Eine Richtlinie zur Höhe der Kosten für eine Bewertung des Verkehrswerts ist in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) festgehalten.
Deutlich preiswerter sind dagegen Kurzgutachten. Sie führen ebenfalls die meisten Wertfaktoren aus einem Verkehrswertgutachten aus, gehen dabei jedoch weitaus weniger ins Detail und kosten lediglich zwischen 500 und 1000 Euro.
Tipp: Wenn Sie eine Immobilienbewertung nur für den internen Gebrauch und nicht für eine gerichtliche Angelegenheit benötigen, reicht in der Regel ein einfaches Kurzgutachten aus. Dieses ist dann schon zu einem Preis von ca. 500 bis 1000 Euro zu haben. Das Kurzgutachten liefert im Wesentlichen dieselben Wert-Informationen für Eigentümer wie das Verkehrswertgutachten, liefert zu einzelnen Wertfaktoren aber noch sehr viel mehr Details, die bei einem internen Gebrauch aber in der Regel nicht benötigt werden.
Was ist der Unterschied zwischen Verkehrswert und Verkaufspreis?
Der Verkäufer eines Objekts kann den Verkaufspreis für seine Immobilie selbst festlegen. Er wird sich dabei wahrscheinlich auf Lage, Größe und Zustand der Immobilie stützen und demnach einen für sich vorstellbaren Verkaufspreis festlegen. Bei der Festlegung des Preises ist der Verkäufer allerdings vollkommen frei.
Beim Verkehrswert ist dies anders. Er wird von einem fachkundigen Gutachter, mithilfe mindestens eines der normierten Verfahren, ermittelt und festgesetzt. Der Sachverständige berechnet also den Wert, der bei einem Verkauf der Immobilie im gewöhnlichen Geschäftsverkehr normalerweise erzielt werden könnte. Alle Beteiligten sind an diese Größe gebunden.
Wie wird der Verkehrswert bei einer Zwangsversteigerung festgelegt?
Bis es zu einer Zwangsversteigerung kommt, dauert es einige Zeit. Angestoßen wird diese immer von einem oder mehreren Gläubigern, die durch die Zwangsversteigerung ihre Rechte durchsetzen wollen und eine Entschädigung beanspruchen. Für den anschließenden Prozess ist die Verkehrswertermittlung ein sehr zentraler Punkt. Er wird von einem vom Gericht beauftragten Sachverständiger bzw. Wertgutachter ermittelt.
Der berechnete Wert spiegelt den Wert der Immobilie zu diesem Zeitpunkt wider. Dabei handelt es sich allerdings nicht um den Startpreis bei der anschließenden Versteigerung. Das niedrigste Gebot entspricht der Summe der Gerichtskosten, den ausstehenden öffentlichen Belastungen sowie den fortwährenden Rechten von Dritten.
Bei einer Zwangsversteigerung gilt die sogenannte 5/10 Grenze, hierfür spielt der Verkehrswert die entscheidende Rolle. Der alte Immobilieneigentümer soll durch diese Grenze vor dem „Verramschen“ seines Objekts geschützt werden. In der Theorie äußert sich diese Regelung so, dass beim ersten Versteigerungstermin kein Zuschlag erfolgen darf, wenn nicht mindestens 5/10 – also 50 % – des Verkehrswertes erreicht werden.
Wann sollte der Verkehrswert einer Immobilie ermittelt werden
Es ist nicht immer vonnöten den Verkehrswert Ihrer Immobilie bestimmen zu lassen. Vor allem, weil sich es dabei um einen variablen Wert handelt, der sich von Tag zu Tag verändern kann. In gewissen Fällen ist es allerdings sinnvoll, den Verkehrswert Ihres Objekts bestimmen zu lassen, z. B. wenn:
- Sie ein Grundstück oder eine Immobilie verkaufen möchten
- die Immobilie Teil eines Erbstreits oder einer Scheidung ist
- die Bank oder Ihre Versicherung den Wert des Objekts bestimmen möchte
Ist die Ermittlung des Verkehrswertes durch eine offizielle Stelle gefordert, sollte er von einem Immobiliengutachter festgestellt werden. Bei einem Hausverkauf ist eine Bewertung durch einen professionellen Immobilienmakler meist ausreichend.
Unser Tipp: Wollen Sie selbst ein Objekt verkaufen, genügt in der Regel eine kurzgefasste Einschätzung des Werts durch einen Immobiliensachverständigen mittels Kurzgutachten. Ist allerdings eine Scheidung oder eine Erbauseinandersetzung der Grund für eine Verkehrswertermittlung und ist ein gerichtliches Verfahren zu erwarten, sollte der Verkehrswert in der Regel schriftlich dargelegt und ein ausführliches Wertgutachten erstellt werden. Denn dieses muss dann auch einer gerichtlichen Prüfung standhalten.
Sie haben eine Frage zum Thema Verkehrswert? Oder Sie möchten den Verkehrswert Ihres eigenen Objekts ermitteln lassen? Wir beraten Sie gerne!